Hermann von Salza aus dem Film des MDR







Hermann von Salza - der vergessene Thüringer ?


Kurzvortrag auf dem 17. Tag der Thüringischen Landesgeschichte am 25. September 2010 in Hohenleuben "Reußischer Hof" Eine Veranstaltung der Historischen Kommission für Thüringen und dem Verein für Thüringische Geschichte.

Im Sommer dieses Jahres las ich in der TA, dass die Thüringische Landtagsabgeordnete Frau Annette Lehmann (CDU) eine Reise nach Israel organisiert. Nachdem ich ihre vorgesehene Reiseroute kannte, habe ich der Frau Lehmann eine kurze Darstellung aus dem Leben Hermanns von Salza übergeben und ein Itinerar des Hochmeisters über seine Pilgerreise im Jahr 1212, das viele Orte enthält, die während dieser Reise besucht werden sollen. Ich bin der Meinung, gerade wir Thüringer sollten wissen, dass das heutige Israel in einem großen Zusammenhang mit der mittelalterlichen Geschichte Thüringens steht. Denn die Landgrafen Ludwig III. und Hermann I. waren im 12. Jahrhundert auf dem Kreuzzug in Palästina. Ludwig IV. war unglücklicherweise bei Beginn seiner Überfahrt zum Kreuzzug am 11. September 1227 noch in Italien verstorben. Ich habe für diesen Vortrag die Überschrift über dem Kurzbericht für die Landtagsabgeordnete mit Bedacht gewählt - Hermann von Salza, der vergessene Thüringer. Muss ich doch immer wieder feststellen, dass die Leistungen des Thüringers Hermann von Salza heutzutage kaum noch bekannt sind, geschweige entsprechend gewürdigt werden, selbst vom heutigen Deutschen Orden nicht.

Da es kaum möglich ist, wenig zum Hochmeister des Deutschen Ordens Hermann von Salza und zu seinen Leistungen zu sagen, will ich die angeführte Kurzdarstellung zur Übersicht über einige Stationen seines Lebens nutzen.

Ob Hermann von Salza schon 1188 mit Landgraf Ludwig III. nach Palästina gezogen ist, ist nicht belegt. Es könnte aber sein, dass er als Knappe den Landgraf begleitet hat. Während Landgraf Hermann I. wohl Kaiser Barbarossa auf dem Landwege zum Kreuzzug nach Palästina begleitete, war Ludwig III. auf dem Seeweg dorthin gezogen. Durch den überraschenden Tod Barbarossas am 10. Juni 1190 in Kleinarmenien war dieser Kreuzzug dann abgebrochen worden. Es wurde aber in Akkon eine Spitalgemeinschaft der Deutschen gegründet, da ja viele deutsche Kreuzfahrer bereits nach Palästina gekommen waren.

Sicherer ist die Teilnahme Hermanns von Salza an der erneuten Reise Landgraf Hermanns I., der 1196 über Italien nach Palästina gezogen war, um an dem Kreuzzug Kaiser Heinrichs VI. teilzunehmen. Diesmal kam der Kaiser selbst aber gar nicht mehr nach Palästina, denn auch er verstarb plötzlich in Italien. Die in Palästina bereits eingetroffenen deutschen Fürsten erhoben damals in Akkon die Spitalgemeinschaft zu einem Ritterorden. An diesem Ereignis muss auch Hermann von Salza teilgenommen haben. Deshalb ist Akkon (heute Akko oder Acre) ein für unseren Hermann wichtiger Ort im heutigen Israel.

In Akkon wurde Hermann von Salza am 6. Juni 1210 (dem Pfingstsonntagabend) zum 4. Hochmeister des Deutschen Ordens gewählt. Er war davor seit etwa 1208 bereits Marschall des Ordens gewesen.

Im September 1211 trat er eine auch für Langensalza wichtige Informationsreise für Kaiser Otto IV. durch Kleinasien an, die mit einer Pilgerreise durch Palästina im Sommer 1212 endete. Als Dank für seinen Einsatz für den Kaiser muss wohl die Stadtrechtsverleihung an Salza gesehen werden, die im Sommer 1212 von Kaiser Otto IV. nach der "Belagerung" von Schloss Dryburg mit gewissen Hintergedanken ausgesprochen worden ist. Denn Salza sollte ein Bollwerk des Kaisers gegen den Landgrafen werden. Die Absprachen dazu müssen bereits im Sommer 1211 erfolgt sein.

Hermann von Salza war bis 1215 hauptsächlich in Palästina, in Akkon, dem Hauptsitz des Deutschen Ordens. Ab 1222 ist er dann fast ausschließlich Freund und Berater des Kaisers Friedrich II. und in fast ganz Europa unterwegs. Wobei sein ganzes Augenmerk den Verhandlungen zwischen Kaiser und Papst galt.

Der bedeutsamste Tag in seinem Leben war ganz sicher der 18. März 1229. An diesem Tag leitete Hermann von Salza in der Grabeskirche zu Jerusalem die Krönungszeremonie Friedrich II. zum König von Jerusalem. Er verlas dabei für den Kaiser dessen Rechtfertigungsschrift in Italienisch und in Deutsch. Der vom Papst gebannte Kaiser hatte durch Verhandlungen mit dem ägyptischen Sultan Al-Kamil Jerusalem ohne Blutvergießen für die Christen zurückbekommen können. Hermann von Salza war einer der Hauptakteure des einzigen Kreuzzuges dieser Zeit, in dem es zu keinen bedeutenden Kampfhandlungen gekommen war. Hermann von Salza konnte sich leider nicht lange in Jerusalem aufhalten. Die Schikanen der Kirche zwangen den Kaiser schon am 1. Mai 1229 Palästina wieder zu verlassen. Hermann von Salza hat wohl danach bis zu seinem Tod das Heilige Land nicht wieder betreten.

Ich befasse mich seit etwa sechs Jahren mit dem aus Langensalza stammenden Hochmeister und erstelle eine Datenbank zu Leben und Zeit dieses bedeutenden, für mich einmaligen Menschen. Er hat als Ordensmeister, enger Freund und Berater eines der schillerndsten Herrschergestalten des 13. Jahrhundert Kaiser Friedrich II. einen großen, heute leider kaum noch bekannten Einfluss auf die Geschichte Deutschlands genommen. Hermann von Salza hatte nur das Pech, dass nach seinem Tod die damals regierenden Päpste mit einer unvergleichlichen Ignoranz und einem nicht nachvollziehbaren Hass das Staufergeschlecht regelrecht "ausgerottet" haben und dabei auch die Leistung Hermanns von Salza und des ganzen Deutschen Ordens in Misskredit gebracht haben. Auf jeden Fall ist der Hochmeister einer der wenigen Menschen, der mit drei Päpsten und zwei Kaisern zusammen gearbeitet hat. Seine herausragende Leistung als Diplomat war, dass es ihm gelang, fast zwanzig Jahre den Kampf der Päpste um die weltliche Macht zu Gunsten des Kaisers Friedrich II. zu gestalten. Er tat das vor allem auch mit einem großen physischen Aufwand. Im Rahmen der erwähnten Datenbank habe ich für jedes Jahr ein Itinerar des Hermanns von Salza erstellt, wo ich unter Zuhilfenahme von Google Maps (Fußwege) die Reiterkilometer zusammengetragen habe. Von 1226 bis 1238 ist Hermann von Salza ungefähr 40.850 Kilometer durch Europa und Palästina gereist, dabei sind die Schiffsreisen nicht berücksichtigt. Er reiste in diesen 13 Jahren etwa einmal um die Erde. Ein noch wichtigerer Fakt ist die Tatsache, dass Hermann von Salza neben seinem Einsatz für den Kaiser seinen Orden kontinuierlich zum mindesten drittgrößten christlichen Ritterorden aufgebaut hat. Ganz besonders konnte diese Entwicklung in den Jahren nach der Kaiserkrönung Friedrichs II. beobachtet werden. So gibt es bereits ein halbes Jahr nach der Krönung im Herbst 1220 eine umfangreiche Privilegien-Festlegung des Kaisers. Thüringen wurde dabei besonders großzügig bedacht. Die Kommenden Nägelstedt, Zwätzen und Porstendorf sind ein Beispiel dafür, wo schon im Jahre 1221 mit dem Aufbau von Ordensstandorten begonnen wurde. Die dabei entstehende wirtschaftliche und soziale Kraft hat in den nächsten Jahrzehnten dem Deutschen Orden in Verbindung mit dem Entstehen des Ordensstaates in Preußen eine hervorragende Bedeutung in Deutschland gebracht. Diese Stellung wurde aber besonders während der Reformation und dem Bauernkrieg wieder eingebüßt.

Ich finde es sehr bedauerlich, dass Hermann von Salza und auch die Leistung seines Ordens so in die Vergessenheit geraten ist. Es verwundert dabei besonders, dass auch die Internationale historische Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens aus meiner Sicht nicht die notwendigen Aspekte setzt. Es ist uns zwar gelungen, die Unterstützung der Historischen Kommission für das Ordensensemble in Nägelstedt bei Bad Langensalza zu erhalten, die dieses als europaweit einmalig eingestuft hat, was wir als sehr wichtig ansehen. Von unserem Hochmeister, der in diesem Jahr den achthundertsten Jahrestag seiner Wahl zu diesem Amt hatte, was völlig unbeachtet geblieben ist, wurde auf einer Tagung im Herbst 2009 in Bad Langensalza nur seine Herkunft aus den Salza beim Kloster Homburg nahe der Unstrut, dem heutigen Bad Langensalza angezweifelt. Ich habe jedoch in den vergangenen Monaten sehr viele Quellen "durchforstet" und kann Ihnen heute sagen, dass der Stammort mit sehr großer Sicherheit die im 13. Jahrhundert Salza genannte Stadt ist, die heute die Kur- und Rosenstadt Bad Langensalza heißt. Aus einer über 400 Seiten umfassenden aber noch keinesfalls abgeschlossenen Dokumentation habe ich die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst. Die Stadt Bad Langensalza wird diese Darlegung der Internationalen historischen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens zukommen lassen, und sie um eine Stellungnahme bitten.

Meine bisherigen Arbeiten zu Thema Hermann von Salza sind auf meiner Internetseite "hermann-von-salza.de" einzusehen. Ich hoffe auch in einigen Wochen Teile der Datenbank ins Internet stellen zu können. Ich würde mich auch über eine Zusammenarbeit zu diesem Thema mit anderen daran Interessierten freuen. Allein stößt man oft an seine Grenzen. Im Frühjahr dieses Jahres wurde eine Interessengemeinschaft zur Erforschung des Deutschen Ordens in Nägelstedt um Umgebung innerhalb des Dorfkulturvereins Nägelstedt e. V. gegründet. Sie soll die Geschichte und das Wirken des Deutschen Ordens im Unstrut-Hainich-Kreis erforschen und Anregungen für die Nutzung des mittelalterlichen Komturhofes in Nägelstedt erarbeiten. Nirgends in Thüringen ist auf einer ca. 30 km langen Strecke, entlang der Unstrut, eine solche Konzentration von Ordensstandorten zu finden wie hier in unserem Unstrut-Hainich-Kreis.

Die verstärkte Erforschung dieser mittelalterlichen Thüringischen Geschichte erscheint mir sehr notwendig.

Dieter Deubner Hohenleuben im September 2010. Mitglied der Interessengemeinschaft zur Erforschung des Deutschen Ordens in Nägelstedt und Umgebung im Dorfkulturverein Nägelstedt e. V.


Dieter Deubner

Bad Langensalza 25. September 2010




~ zum Seitenanfang ~